Von außen nach innen

Heute mal Gedicht:

Außen, ganz außen,

das bist nicht du.

Außen ist das

was die anderen sehen.

In guten Momenten

zeigst du dich.

In den besten Momenten

sieht jemand dich.

Darunter, fast außen,

das bist du.

Zusammen

mit deinen Eltern,

deinen Freunden und Feinden,

deinen Lehrern,

deiner Kultur und

deiner Zeit.

Darunter, fast innen,

das bist du.

Du – wie du gern wärst.

Du – wie du nie sein wolltest.

Du – wie du bist

in guten Momenten.

Innen, ganz innen,

das bist du.

Ganz und gar du.

Das was dich ausmacht.

Das was dich zu dir macht.

Das worauf du keinen Zugriff hast.

Das was du nicht im Griff hast.

Das was du nicht begreifst.

Du.

Selbst? Bestimmt! – Oder nicht?

Die Selbstbestimmung ist gerade schwer in Mode. „Ich muss alles können dürfen was ich will“: Das ist der oberste Glaubensgrundsatz unserer Zeit in unserer Gesellschaft. Begründet wird das selten, und wenn dann z.B. mit Artikel 2 des Grundgesetzes. „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit“ steht da, sagen alle. Also darf ich mich unbegrenzt ausleben, und nichts und niemand darf mich daran hindern.

Kann man so sehen. Ist halt falsch. Und nicht nur falsch, sondern zerstörerisch und die höchste Form der Menschenverachtung.

Falsch ist diese Lebenseinstellung in zweierlei Hinsicht. Erstens: Der oben zitierte Satz aus dem Grundgesetz ist nur ein Halbsatz. Er geht noch weiter: „… soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung […] verstößt“. Das sollte eigentlich selbstverständlich sein und war es ja auch mal. Wenn jeder nur sich selbst auslebt, koste es andere was es wolle, dann führt das unweigerlich zu Benachteiligung, Schädigung und Tod derer, die sich nicht so gut durchsetzen können.

Und Sie verletzen sehr schnell die Rechte anderer. Ihre Selbstbestimmung hat hier sehr enge Grenzen. Schauen Sie sich mal Ihren Alltag an. Es gibt da nur wenig, wo Sie nicht in das Leben und damit in die Rechte anderer Menschen hineinwirken.

„Ach, ich mache die Pause in der Arbeit ein bisschen länger, merkt ja keiner“: Ihr Arbeitgeber hat aber ein Recht, dass er für den gezahlten Lohn die vereinbarte Arbeitszeit von Ihnen bekommt. „Ich kaufe das T-Shirt für 5,90 € beim Discounter“: Die Kinder, die dieses T-Shirt produzierten, haben ein Recht auf Gesundheit und auf ein kindgerechtes Leben. „Freie Fahrt für freie Bürger“: Die anderen auf der Straße haben ein Recht auf körperliche Unversehrtheit. „Ich hab keinen Bock zu lüften“: Ihr Vermieter hat ein Recht auf einen ordentlichen Zustand seines Eigentums.

Ihre Selbstbestimmung hat aber auch noch andere, sehr enge Grenzen. Diese Grenze sind Sie selbst. Selbstbestimmung heißt ja: Ich darf meine Wünsche, meine Einstellungen und Vorstellungen ausleben. Aber woher kommen diese Wünsche? Wie sind Ihre Einstellungen und Vorstellungen entstanden? Kommt das wirklich aus Ihnen? Oder sprechen da Ihre Gene, Ihre Hormone, die Erziehung durch Ihre Eltern, die Einflüsse anderer Menschen und der „Gesellschaft“ oder gar (bloß nicht!) irgendwelche Ängste oder Verletzungen aus früheren Tagen? Schauen Sie mal Ihr selbstbestimmtes Handeln an! Wie viel davon ist ausschließlich von Ihnen selbst bestimmt?

Selbstbestimmung ist wichtig, ohne Zweifel. Ein fremdbestimmtes Leben ist kein gutes Leben. Aber Selbstbestimmung für alle gibt es nur, wenn alle ihrer Selbstbestimmung Grenzen setzen. Und die meiste Zeit ist Selbstbestimmung eh mehr Wunsch und Einbildung als Realität. Also entspannen Sie sich, nehmen Sie sich selbst nicht so wichtig und lieben Sie Ihren Nächsten und dessen Selbstbestimmung!

Kein Vergleich

Der Mensch lebt vom Vergleich. Er ist kaum bis gar nicht in der Lage, mit absoluten Größen umzugehen.

Ein paar Beispiele: Sie fahren auf die Autobahn auf und beschleunigen von 50 km/h auf 120 km/h. Diese 120 km/h kommen Ihnen da sehr schnell vor. Sie erhöhen weiter auf 180 km/h. Das empfinden Sie als beängstigend schnell. Für ein paar Minuten. Dann haben Sie sich daran gewöhnt. Wenn Sie dann auf 120 km/h runterbremsen, kommt Ihnen das sehr langsam vor. Obwohl es die selbe Geschwindigkeit ist wie kurz davor. Der Mensch kann halt keine Geschwindigkeiten einschätzen, sondern nur Beschleunigung – d.h. den Vergleich der jetzigen Geschwindigkeit mit der vor einem Augenblick.

Anderes Beispiel: Im November sagen Sie: „Och, jetzt wird es schon um sechs Uhr dunkel!“ Im Februar sagen Sie: „Juhu, es wird erst um sechs Uhr dunkel!“ – Es ist die selbe Uhrzeit. Aber dafür haben Sie kein Gespür. Sie spüren nur den Vergleich zum Vortag.

Egal um welche Größe es geht: Der Mensch vergleicht. Manche Menschen schaffen es durch viel Übung, absolute Größen einschätzen zu lernen. Sie können z.B. vom bloßen Hinschauen sagen: „Bis da hinter ist es ein Kilometer.“ Aber das können sie nur, weil sie den Vergleich automatisiert haben, so dass sie ihn nicht mehr bewusst wahrnehmen.

Dieses ständige Vergleichen hat nun eine bemerkenswerte Folge im sozialen Bereich:

NEID

Weil der Mensch den Vergleich so tief in sich verankert hat, vergleicht er oder sie sich auch ständig mit anderen Menschen. Und auch dabei ist er oder sie nicht in der Lage, absolute Größen wahrzunehmen. (Absolute Größe: Das was unabhängig von anderem besteht. Z.B. Geschwindigkeit, Länge, Zeit. 1 km ist 1 km, egal wie lang der Ihnen vorkommt. – Herrn Einstein lassen wir jetzt mal außen vor.) Beispiel: Frau Müller hat alles, was sie zum Leben braucht. Genügend Einkommen, genügend Rücklagen, eine befriedigende Arbeitsstelle, eine glückliche Ehe, viele gute Beziehungen, Gesundheit, ein reiches, friedliches Land. Sie könnte zufrieden sein, denn all diese absoluten Größen sind so wie sie sich das wünscht. Aber ihr Bruder verdient mehr, und er muss dafür sogar noch weniger arbeiten! Und ihre Freundin hat einen noch viel tolleren Mann wie sie! Und überhaupt, ihr Mann ist kein Vergleich zu ihrem ersten Freund, ihrer großen Liebe! Und das Jobangebot, das sie damals abgelehnt hat: Das wäre hundertmal toller gewesen als der Job jetzt! Und was ihr Land angeht: Früher war alles besser!

Und so ist Frau Müller ewig unzufrieden. Anderen geht es besser als ihr. Ihr geht es jetzt nicht so gut wie früher. Überall gibt es etwas, das schöner, größer, erfüllender ist als das, was sie jetzt gerade hat. Neid, Neid, Neid. Das ganze Leben ist scheiße.

Natürlich, der Mensch wird das Vergleichen nicht los. Er oder sie kann nicht anders. Und es hat ihn ja auch zu dem gemacht, was er ist. Fortschritt und Entwicklung gibt es nur durch die Unzufriedenheit mit dem Bestehenden, die aus dem Vergleichen heraus entsteht. Aber es hilft ungemein, wenn man immer wieder vergleicht, was man denn so vergleicht. Und ob ein Vergleich überhaupt angebracht ist, und sich nicht mal ein Blick auf den unvergleichbaren Ist-Zustand lohnen würde. Oder ob der aktuell angewandte Vergleich sinnvoll und hilfreich ist oder nicht. Ob man Äpfel mit Birnen vergleicht, oder Äpfel vom Supermarkt mit Äpfeln vom Hofladen. Mit den richtigen Vergleichen zur richtigen Zeit kommt man vergleichsweise besser durchs Leben. Und Neid ist immer schädlich. Absolut.

Tötet sie!

Durch die gesamte Menschheitsgeschichte hindurch kann man immer wieder dasselbe Muster beobachten: Eine Gruppe von Menschen fühlt sich durch eine andere Gruppe von Menschen bedroht oder zumindest eingeschränkt. Die erste Gruppe steigert sich immer stärker in dieses Bedrohungsgefühl hinein, solange bis aus anfänglicher verbaler Gewalt schließlich physische Gewalt wird und die zweite Gruppe von Menschen großflächig getötet wird.

Dieses Muster zeigten weiße Amerikaner im Umgang mit schwarzen Sklaven; so verhielten sich europäische Kolonisten gegenüber den „Wilden“, Nazis gegenüber Juden, Stalin gegenüber allen außer sich selbst, Hutus in Ruanda gegenüber den Tutsis, Myanmarer gegenüber den Rohingyas, heutige Rassisten gegenüber Geflüchteten und Migranten, Männer zu allen Zeiten und heute noch in manchen Kulturen gegenüber Frauen. Und so weiter.

Es zeigt sich dabei immer derselbe Ablauf:

* Als allererstes benötigen die Vernichter einen ideologischen Überbau. Sie können ja schlecht sagen: „Wir sind psychisch instabile hasserfüllte Typen, die mit sich selber nicht zurecht kommen und deshalb Schuldige für das eigene Versagen brauchen.“ Das wäre ehrlich und deshalb schlecht für das Geschäft. Also erfindet man eine Ideologie, bei der man selber toll dasteht und die anderen minderwertig gemacht werden. Die Mär von der Überlegenheit der weißen Rasse zum Beispiel, oder Nationalsozialismus, oder Kommunismus, oder die biologische Überlegenheit des Mannes. Und so weiter.

* Der zweite Schritt: Man muss der zu vernichtenden Gruppe das Menschsein absprechen. Das ist unerlässlich. Blöderweise haben die meisten Menschen Hemmungen, andere Menschen zu töten. Diese Hemmungen kann man ihnen nur nehmen, indem man ihnen klarmacht, dass die, die getötet werden sollen, ja gar keine Menschen sind, zumindest keine vollwertigen.

* Schritt 3: Man muss ein Problem kreieren, das durch die zu vernichtende Gruppe verursacht wird. Weil blöderweise die meisten Menschen sogar Hemmungen haben, auch Nicht-Menschen zu töten. Da brauchen sie dann zumindest einen ernsthaften Grund dafür.

* Schritt 4: Als einzige Lösung für das neugeschaffene Problem muss die Tötung der (mittlerweile als Nicht-Menschen anerkannten) Gruppe angepriesen werden.

* Dazu braucht es als fünften Schritt massive Propaganda auf allen Kanälen.

* Und schließlich: Alle, die sich gegen diese Propaganda wehren, müssen diffamiert und (wenn möglich) beseitigt werden.

So läuft es seit Jahrtausenden, und so geschieht es auch heute. Jedes Jahr fallen Millionen Menschen diesem Muster zum Opfer, allein in Deutschland sind es 100.000 – pro Jahr.

Ich rede vom Wirken der Abtreibungslobby.

Deren selbsternannte Mitglieder befolgen brav und ordentlich des Schema aller Menschenhasser:

1. Ideologischer Überbau. Der lautet „Liberalismus“ oder „Selbstbestimmung“. Die Lobbyisten können ja nicht sagen: „Das Töten von Menschen ist mein Geschäftsmodell“, oder „Ich bin ein brutaler Egoist, der für sein eigenes Wohl auch über Leichen geht“. Also wird das Grundrecht auf Selbstbestimmung ins Grenzenlose ausgedehnt und ein bis dahin positiv besetzter Begriff wie „liberal“ dafür missbraucht.

2. Den zu Vernichtenden das Menschsein absprechen. Das heißt hier: Um jeden Preis vermeiden, von den Opfern einer Abtreibung überhaupt zu sprechen. Und wenn es sich nicht vermeiden lässt, dann darf das Opfer auf keinen Fall „Kind“ genannt werden. „Embryo“ ist gut – allerdings nicht im wissenschaftlichen Sinn als Entwicklungsstadium bei einem Menschen, sondern ganz unwissenschaftlich als Gegensatz zu einem Menschen. Noch besser ist „Abortmaterial“, wie das eine Abtreibungsärztin neulich so charmant formuliert hat.

3. Problem erschaffen. Das Problem ist in diesem Fall immer: Schwangerschaft. Schwangerschaft hat da natürlich nichts mit einem neu entstandenen Leben zu tun, sondern ist einzig und allein ein körperlicher Zustand der Frau. Als solcher ist das nur dann kein Problem, wenn die Frau diesen Zustand so wollte. Wenn nicht, dann ist das ein gesundheitliches Problem bei der Frau, das als Teil der normalen Gesundheitsversorgung beseitigt werden muss. Sagen die, die sich liberal nennen.

4. Womit Punkt 4 erreicht ist. Als einzige Lösung des Problems wird die Tötung der Nicht-Menschen verkündet. Die alleinige Alternative dazu sei es, dass die betroffenen Frauen weiter leiden. Andere Hilfen, um das Leid zu beseitigen, sind keine Hilfen, sagen die Menschenhasser, wenn sie diese Hilfen nicht gleich ganz verschweigen.

5. Propaganda: Geschieht seit Jahrzehnten auf allen Kanälen, in den letzten Jahren mit verstärkter Intensität. In den Medien etwa gibt es zumindest in Deutschland keinen einzigen objektiven Beitrag mehr zu diesem Thema.

6. Diffamierung von Andersdenkenden: Geschieht auf harmlosem Weg, indem man der Bezeichnung „Lebensschützer“ stets und überall ein „selbsternannte“ voransetzt. Geschieht auf heftigerem Weg, indem man auf die Argumente der Lebensschützer gar nicht eingeht, sondern nur den Angriff auf den eigenen ideologischen Überbau hervorhebt und Andersdenkende als Frauenfeinde darstellt. Geschieht auf übelstem Weg, indem man Andersdenkende in ihren Rechten zu beschneiden versucht und sie auf diese Weise ausgrenzen und mundtot machen will (siehe z.B. der Matic-Report im Europaparlament, der die Mitgliedstaaten auffordert, dass alle Kliniken Abtreibungen anbieten müssen und eine Nichtmitwirkung aus Gewissensgründen verboten werden soll, und dass Beratungen zum Schutz des Lebens nicht mehr vom Staat finanziert werden sollen).

Lüge!

Wie oft haben Sie heute schon gelogen?

Nie, kein einziges Mal, sagen Sie? – Dann ist das mindestens schon die zweite Lüge an diesem Tag. Wahrscheinlich ist es eher die zweihundertste.

Wir lügen ständig. Wir lügen bewusst andere an. Wir lügen unbewusst uns selbst an. Wir reden uns die Realität schön. Wir reden uns die Realität hässlich. Wir lügen aus Höflichkeit, aus Feigheit, aus Angst, aus Scham. Wir haben eine verzerrte Wahrnehmung von uns selbst. Wir lügen durch Schweigen und durch Augen verschließen. Wir lügen durch absichtliches Vergessen und falsches Erinnern. Wir leben kleine, harmlose Lügen und große, lebensbedrohende Lügen.

Wir lügen ständig.

Hier ist eine kleine Liste der populärsten Lügen:

* Daran habe ich noch nie gedacht.

* Ich kann jederzeit damit aufhören.

* Ich will doch nur dein Bestes.

* Freiheit!

* Das ist kein Mensch, das ist nur ein Embryo.

* Ich liebe dich!

* Das kann ich gut.

* Das kann ich gar nicht, darum brauche ich das erst gar nicht anzufangen.

* Sehr geehrte Damen und Herren!

* Das ist gesund.

* Wie diese Statistik zeigt …

* Das war doch alles ganz harmlos.

* Da bin ich schon lang drüber hinweg.

* Ich glaube an Gott.

* Ich glaube nicht an Gott.

* Natürlich nehme ich dich ernst!

* Ich habe recht.

* Ich denke rein rational.

Wir können ohne Lügen nicht leben. Denn ohne Lügen müssten wir die Realität annehmen wie sie ist.

Die Realität: Das sind zunächst mal Sie selbst. Sie, so wie Sie tatsächlich sind. Ein Wesen mit einem sprunghaften, alles andere als rationalem Denken; mit Gedanken, Gefühlen, Absichten, Vorlieben und Abneigungen, die Sie alle nicht unter Kontrolle haben; mit einem Körper, dessen Grundausstattung Sie sich nicht ausgesucht haben und den Sie nur wenig beeinflussen können; mit einer frühen Prägung durch Ihre Eltern und Ihr Umfeld, von der Sie sich nur mit großen Mühen lösen können; mit Fähigkeiten, auf die Sie nicht stolz zu sein brauchen, weil Sie nichts dafür können; mit Unfähigkeiten, für die Sie sich nicht zu schämen brauchen, weil Sie nichts dafür können.

Die Realität, das sind alle anderen Menschen. Menschen, die genau so sind wie Sie und die gleichzeitig ganz anders sind wie Sie. Menschen, denen man in jedem Fall Unrecht tut, wenn man sie in Schubladen steckt. Menschen, denen Großes gelingt und die krachend scheitern. Menschen, die einfach so sind wie sie sind.

Und die Realität, das ist zuerst und zuletzt der ganze Rest. Also das Universum. Das sind Naturgesetze, auf die Sie keinen Einfluss haben. Das ist ein bewusst-loser Ablauf von Ereignissen, die einfach geschehen, egal was Sie darüber denken und ob das Ihnen passt oder nicht. Die Realität ist ein Universum, dem Sie scheißegal sind. Schon allein deswegen, weil das Universum keine Gefühle hat.

Kurz gesagt: Die Realität ist gefühllos, vorhersehbar, völlig unabhängig von Ihnen und an Ihnen nicht im geringsten interessiert. Das frustriert jeden Menschen, weshalb sich jeder Mensch in seine eigene Welt flüchtet, in der er sich mit kleinen und großen Lügen Bedeutung und Sinn gibt. Anders kann man nicht überleben.

Der alte weise Mann hätte Ihnen jetzt gern was Aufbauendes gesagt. Aber das wäre gelogen gewesen.

Das Kreuz mit der Natur

Nachhaltig müssen wir Menschen leben, oder wir werden nicht überleben – heißt es allenthalben. Wir müssen von der Natur lernen, die ganz auf Nachhaltigkeit eingerichtet ist – das ist das Credo der Vernünftigen. Gute Gedanken. Sie haben nur einen Haken: In der Natur geht es nicht nachhaltig zu.

Mit „Nachhaltigkeit“ ist ja gemeint: So leben, dass alle auf Dauer mit dem Vorhandenen auskommen. Nicht mehr verbrauchen als zur Verfügung steht. Die Folgen des Handelns im Gesamten bedenken. Sich beschränken.

Wie jeder Gartenbesitzer weiß: So funktioniert Natur nicht. Das was wir als „Natur“ bezeichnen ist das Gegenteil von Nachhaltigkeit. Jedes Lebewesen, egal ob Tier oder Pflanze oder Pilz oder Bakterium, ist auf Wachstum angelegt. Und zwar auf größtmögliches Wachstum. Jede Pflanze wuchert möglichst schnell und möglichst stark bis sie irgendwo an eine Begrenzung stößt. Das kann fehlender Nährstoffnachschub sein. Das kann eine räumliche Grenze sein. Das können andere Pflanzen sein, die schon den vorhandenen Platz belegen.

Bei Tieren und anderen Lebewesen läuft das nicht anders. Alles wächst und breitet sich aus bis es an Grenzen stößt. Dann gibt es vier Möglichkeiten:

A) Verdrängen der Konkurrenz

B) Ausweichen auf einen anderen Lebensraum

C) Sich mit dem begnügen was da ist

D) Aussterben

Der Mensch ist auch Natur. Deshalb war es auch sein natürliches Verhalten von Anfang an zu wachsen, sich auszubreiten. Wenn er an Grenzen stieß, wandte er wie alle Lebewesen zunächst Methode A an: Verdrängen der Konkurrenz. Das geschah z.B. mittels Jagen, Krieg oder Unkrautzupfen. Reichte das nicht aus, kam Methode B zur Anwendung. Die Menschengruppe wanderte woanders hin, wo es mehr Ressourcen gab. Im äußersten Notfall griff man zur Methode C und begnügte sich mit einem geringeren Lebensstandard. Aber nur solange bis Methode A oder B wieder möglich wurden.

Das ging alles jahrtausendelang gut, so wie es immer in der Natur gut geht. Doch nun ist die Menschheit an einem Punkt angelangt, an dem sich noch nie in der Geschichte der Erde ein Lebewesen befand: Methode A und Methode B funktionieren nicht mehr, weil A) so ziemlich jede Konkurrenz ausgeschaltet ist, und B) es keinen Lebensraum mehr gibt, auf den die Menschheit ausweichen könnte. Wir sind die erste Lebensform auf der Erde, die ihre absoluten Grenzen erreicht hat. Nun bleibt nur noch Methode D: Aussterben. Das begeistert jedoch nur wenige Menschen. Weshalb sich die vernünftigeren unter uns der letzten verbliebenen Methode zuwenden: Sich mit dem begnügen was da ist. Und zwar dauerhaft da ist. Dummerweise ist das eben ein zutiefst unnatürliches Verhalten, egal ob bei Mensch oder Pflanze oder Bakterium. Der Mensch als Teil der Natur kann dieses vernünftige Verhalten der Beschränkung immer nur kurzzeitig aufrechterhalten, und das auch nur in Ausnahmesituationen und nur mit größter geistiger Anstrengung.

Deswegen haut das mit der Nachhaltigkeit bisher auch nicht so wirklich hin. Leider gibt es keine andere Alternative (außer auszusterben). Das heißt: Wir bringen ein nachhaltiges Weiterbestehen der Menschheit nur zustande, wenn wir unsere Evolution selbst in die Hand nehmen und uns zu Wesen entwickeln, die nicht mehr auf Wachstum angelegt sind. Die mit dem auskommen können was vorhanden ist, und zwar dauerhaft und ganz selbstverständlich.

Fangen wir gleich heute an mit dieser Evolution!

Wir werden wieder zu Menschen

Zwei Begriffe haben derzeit Hochkonjunktur: Verantwortung und Freiheit. Erstaunt stellen viele Menschen fest, dass eins mit dem anderen zusammenhängt. Wo doch bis vor zwei Wochen das Credo war: Meine Freiheit ist unbegrenzt. Also MEINE Freiheit. MEINE Freiheit ist jedes Opfer wert – solange andere das Opfer bringen.

Und plötzlich macht sich die Erkenntnis breit, dass MEIN Handeln ja auch Auswirkungen auf andere hat und ICH somit Verantwortung für andere trage, ob ich will oder nicht. Und dass von daher es schon immer Konsens war, dass MEINE Freiheit da endet, wo sie in die Freiheit eines anderen Menschen eingreift.

Ich schreibe hier bewusst „war“, denn dieser Konsens ging immer mehr verloren. Die Freiheit des einzelnen ohne jede Einschränkung wurde immer stärker zum einzigen Maßstab. Was in der Praxis heißt, dass die Starken, Durchsetzungsfähigen ihre Freiheit auf Kosten der Schwachen ausleben.

Und nun übernehmen fast alle Menschen Verantwortung, indem sie sich massiv einschränken und zum Teil große Opfer bringen, um die Schwachen zu schützen. „Schwach“ sind in diesem Fall diejenigen, denen das Virus die schwersten Schäden zufügen kann.

Es ist einerseits schade, dass es eine Seuche braucht, um die Menschen wieder zum Menschsein zurückzubringen. Andrerseits ist es schön zu sehen, dass in den meisten Menschen doch noch soviel Menschlichkeit steckt, trotz jahrzehntelanger Propaganda menschenfeindlicher egoistischer Ideologien.

Hoffen wir, dass diese neue alte Menschlichkeit die Seuche überlebt.

Das Buch fürs Leben

In einem früheren Artikel hat der alte weise Mann über die Bibel geschrieben. Die Aussage: Die Bibel ist kein theoretisches Lehrbuch, sie ist ein Buch für das praktische Leben. Das ist sie deshalb, weil sie kein Buch über Gott ist, sondern ein Buch über Erfahrungen, die Menschen mit Gott machen.

Was heißt das nun für unseren Umgang mit diesem besonderen Buch? Wie sollen wir die Bibel lesen?

Da gibt es ja verschiedene Ansätze. Zugang Nr. 1 zur Bibel: Die Bibel als Rezeptsammlung. Die Vorstellung dahinter: Ich finde in der Bibel zu jeder Frage, zu jedem Problem ein Rezept. Man nehme eine Prise aus dem Markus-Evangelium, mische zwei Sätze aus dem Buch Micha darunter, füge einen Abschnitt aus den Psalmen dazu, lasse das Ganze mit einer guten Portion eigener Gedanken aufgehen und  dann auf höchster Flamme hochkochen. – Das Ergebnis sieht dann oft lecker aus, ist aber immer ungenießbar und meist hochgiftig.

Zugang Nr. 2: Die Bibel als Telefonbuch. Die Vorstellung dahinter: Die Bibel ist ein einheitliches Ganzes, alle Teile sind aus demselben Gedanken, mit derselben Zielrichtung gestaltet. Deshalb ist die Bibel unabhängig von Zeit und Raum und Person für jede/n gleich zu verstehen. Es gibt nur eine gültige Interpretation bzw. man muss überhaupt nichts interpretieren.  So wie es dasteht, so gilt es. – Eine angenehme Vorstellung, die leider in keinem einzigen Fall funktioniert.

Zugang Nr. 3: Die Bibel als historischer Bericht. Die Vorstellung dahinter: Die Bibel berichtet objektiv und sachlich das was tatsächlich so geschehen ist. Es geht darum, Fakten zu begreifen. Denn: Wissen = Glauben. – Das Leben wäre leichter, wenn es so wäre. Ist es aber nicht. Glauben ist mehr als Wissen. Die Bibel ist mehr als ein Geschichtswerk.

Die Bibel ist eine Sammlung von Geschichten, die Menschen mit Gott erlebt haben. Und weil Menschen sehr unterschiedlich sind, sind auch diese Geschichten sehr unterschiedlich. Es gibt Erzählungen über diese Erfahrungen, es gibt Gebete zu diesem Gott, es gibt eher abstrakte Reflexionen über diese Erfahrungen, es gibt praktische Tipps für das Leben mit Gott, es gibt Texte des Zweifels und der Verzweiflung, es gibt Liebesgedichte und bittere Vorwürfe und und und …

Nicht nur die Verfasser der Bibel waren äußerst unterschiedlich. Auch die Leser/innen waren und sind es. Deshalb nimmt auch jede/r diese Texte ganz individuell auf. Herr A ist von einem Text total überwältigt und ändert dadurch sein Leben. Frau B ist vom selben Text leicht verstört und liest ihn nie wieder. Das gilt auch für die Gesamtheit der Christen im Laufe der Zeit. Die Offenbarung zum Beispiel war im Mittelalter eines der zentralen Bücher der Bibel. Heute fristet sie eine Randexistenz. Dafür sind seit Luther die Paulus-Briefe wichtig, die davor kaum interessiert haben.

Die Bibel ist also ein individuelles Buch, für das jeder Mensch seinen eigenen Zugang finden muss. Was aber bei aller Indivualität für alle gilt: Man findet nur einen Zugang, wenn man bereit ist, sich von diesem Buch ansprechen zu lassen. Das heißt konkret: Ich muss bereit sein, auf dem Weg über dieses Buch selbst meine Erfahrungen mit Gott zu machen. Ohne bestimmte Erwartungen, was bei der Lektüre passieren muss. Ohne die Vorstellung, sofort zu jeder Frage das passende Antwortrezept zu erhalten. Und ohne die Vorstellung, ich könnte mit Hilfe der Bibel Gott näher kommen, ohne mich persönlich einbringen zu müssen.

Die Bibel ist ein Buch für das Leben. Nur aus diesem Blickwinkel erwacht Sie auch für Sie zum Leben. Ansonsten bleibt sie tot.

Es ist nicht leicht, ein Mensch zu sein

Es ist nicht leicht, ein Mensch zu sein. Denn als Mensch kann man ausreichend genug denken, um Fragen stellen zu können. Das Denkvermögen reicht aber nicht aus um Antworten zu finden. – Also man findet schon Antworten auf seine Fragen. Aber aus jeder Antwort entstehen fünf neue Fragen. Und am Ende gelangt man immer zu der Antwort „Es ist halt einfach so. Und jetzt halt die Klappe!“

Anders gesagt: Der Mensch ist ein Tier – aber nicht ganz. Er besteht aus Materie in Form eines Körpers und wird von den Vorgängen in eben diesem Körper beherrscht. Aber im Gegensatz zu einem Tier kann der Mensch darüber nachdenken und sich dadurch darüber erheben. So gesehen ist der Mensch wie Gott – aber halt auch nicht ganz. Er ist immer noch an seinen Körper gebunden, mit all den damit verbundenen Begrenzungen – auch und vor allem im Denken.

Wir Menschen stecken also irgendwo auf dem Weg vom Tier zu Gott fest. Das ist unbefriedigend. Das ist mühsam. Das hält kaum ein Mensch aus. Weshalb die Menschheit mit zwei Strategien darauf reagiert:

Strategie A: Keine Fragen mehr stellen. Sich den ganzen langen Weg bis zur Antwort „Es ist halt einfach so“ sparen und gleich, ohne zu fragen, zu sagen „Es ist halt so“. Aufhören zu denken.

Strategie B: So tun als hätte man Antworten. Die aus diesen Antworten entstehenden Fragen ignorieren und an diesem Punkt aufhören zu denken. Im Prinzip dasselbe Vorgehen wie Strategie A, nur mit etwas Anlauf.

Die ganz Mutigen vermeiden beide Strategien und stellen sich den Fragen und den Antworten, die zu neuen Fragen führen. Aber es anstrengend. Es ist mühsam. Manchmal möchte man verblöden. Einfach dasitzen und nur noch denken „Es ist halt so. Und jetzt halte ich die Klappe.“

Gott Macht

In einem früheren Artikel hat der alte weise Mann über den Sinn des Lebens geschrieben. Er hat versprochen, später darüber zu schreiben, was das alles für das konkrete Leben bedeutet. Nun denn, dieses Versprechen wird hiermit eingelöst.

Der Sinn des Lebens ist es, in Gott zu sein, hat der alte weise Mann gesagt. Was heißt das jetzt konkret? Was bedeutet „In Gott sein“ für mein Leben?

Das bedeutet: Gott machen lassen.
Dieser Gott hat schließlich alles gemacht. Das ganze Universum, Sie, mich. Er hat das nicht nur irgendwann mal begonnen und es sich dann sich selbst überlassen. Er hält alles am Laufen. Von ihm hängt alles ab. Er braucht nur mit seinen metaphysischen Fingern zu schnippen und es hat Sie nie gegeben. Nicht nur, dass Sie plötzlich weg sind. Sie haben nie existiert. Denn Gott steht auch über der Zeit. Schließlich hat er ja auch die Zeit geschaffen.

Gott ist alles. Und ich habe nur einen sehr extrem winzigen unscheinbaren minimalen Einblick in dieses „Alles“. Ich verstehe ja mich selbst kaum. Im Gegensatz zu Gott, der mich durch und durch kennt. Und dieser Gott, der alles ist, ist kein kühler, ferner, gleichgültiger Gott. Er ist das, was wir mit unserem begrenzten Verstand „Liebe“ nennen. Alles, was er gemacht hat, war „gut“. Und er will, dass es gut bleibt.
Deshalb kann ich mich diesem Gott anvertrauen. Diesem Gott, der alles gemacht hat und der alles gut haben will. Ich vertraue mich diesem Gott an, weil alles andere ziemlich blöd wäre. Weil alles andere scheitert. Wenn ich ausschließlich auf mich vertraue, oder auf andere Menschen, oder auf Macht, Wohlstand, Sicherheit, dann kann ich kurzfristig damit erfolgreich sein. Sogar bis ans Ende meines Lebens, sofern ich rechtzeitig genug sterbe, bevor der Zusammenbruch kommt. Denn der Zusammenbruch kommt zwangsläufig. Wenn ich auf anderes als Gott vertraue, dann kann ich Erfolg haben, reich werden, angesehen und beliebt sein. Aber glücklich werde ich nicht. Und – noch mehr: Ich mache niemanden glücklich.

Deshalb heißt „In Gott sein“: Gott entscheiden lassen, Gott machen lassen. Denn Gott ist der einzige, der wirklich Macht hat. Dem die Macht nicht von irgendjemandem gegeben wurde, der niemand braucht um mächtig zu sein. Der niemand braucht, weil er an keine Regeln, an keine Ursache und keine Wirkung gebunden ist und daher völlig frei ist in allem. Gott ist die reine, uneingeschränkte Macht. Und ich bin vollkommen abhängig von ihm, ich bin absolut machtlos. Darum ist es das einzig Sinnvolle, auf meine ohnehin nicht vorhandene Macht zu verzichten und mich ganz und gar Gottes Macht anzuvertrauen.

Das bedeutet aber nicht, dass ich mich aufgebe. Ich muss weiterhin selbst mein Leben leben. Ich darf und soll das sogar. Ich mache mir weiterhin selbständig Gedanken, ich entscheide weiterhin, ich lebe diese Entscheidungen, ich bleibe ich. Doch all das mache ich in dem Bewusstsein,  das ich nichts davon allein aus mir selbst vollbringen kann. Deshalb bringe ich alles, mein ganzes Leben (und das Leben aller Menschen, die ich wiederum beeinflusse) im Gebet vor Gott und sage immer wieder: „Mach mal, Boss!“ Und der Boss macht dann. Und ich mache mit.

Das ist Sinn-voll.