Im Zweifel

Manche Menschen sind sich immer sicher. Zu hundert Prozent, jederzeit, in allen Lebenslagen. Manche Menschen leben vom Zweifel, leben für den Zweifel. Sie sind sich in allem unsicher. Vermutlich. So ganz gewiss sind sie sich da nicht.

Ist der Zweifel nun gut oder böse? Da gibt es eine unzweifelhafte Antwort darauf. Die lautet: Es kommt darauf an.

Es gibt nämlich einen heilsamen Zweifel und es gibt einen zerstörerischen Zweifel. Der Unterschied liegt in der Motivation, warum man zweifelt. Diese Motivation kommt aus unterschiedlichen Zielvorstellungen, was man mit seinem Zweifel erreichen will. Hier gibt es grundsätzlich zwei Ziele:

a) Ich zweifle, weil ich etwas herausfinden will.

b) Ich zweifle, weil ich verhindern will, dass ich etwas herausfinde.

Praktisches Beispiel: Sie zweifeln, ob Ihr Partner Sie noch liebt. Warum zweifeln Sie daran? a) Weil es objektive Tatsachen gibt, die darauf hindeuten, dass die Liebe Ihres Partners nachgelassen hat. Zum Beispiel die Tatsache, dass er vor zwei Wochen ausgezogen ist. b) Weil Sie seit dem ersten Tag Ihrer Beziehung daran zweifeln, dass überhaupt irgendjemand sie liebt.

Im Fall a) werden Sie herausfinden wollen, ob Ihre Beziehung noch eine Chance hat. Sie werden versuchen, etwas das möglicherweise zerstört ist, wieder zu heilen. Im Fall b) werden Sie alles verhindern wollen, das Sie einer unangenehmen Einsicht näher bringt. Zum Beispiel die Erkenntnis, dass Ihr Partner Sie tatsächlich liebt. Das würde ja Ihr Selbstbild zerstören. Da zerstören Sie dann lieber eine heile Beziehung.

Der heilsame Zweifel ist also konstruktiv. Er baut auf, er heilt, er führt aus ungesunden Situationen heraus. Der zerstörerische Zweifel ist destruktiv. Er macht kaputt was heil ist, er führt in ungesunde Situationen und hält einen dann darin gefangen.

Zweifeln Sie, liebe LeserIn, aber zweifeln Sie richtig! Und an seinen Zweifeln zu zweifeln ist auch nie verkehrt. Zweifellos.