Gott Macht

In einem früheren Artikel hat der alte weise Mann über den Sinn des Lebens geschrieben. Er hat versprochen, später darüber zu schreiben, was das alles für das konkrete Leben bedeutet. Nun denn, dieses Versprechen wird hiermit eingelöst.

Der Sinn des Lebens ist es, in Gott zu sein, hat der alte weise Mann gesagt. Was heißt das jetzt konkret? Was bedeutet „In Gott sein“ für mein Leben?

Das bedeutet: Gott machen lassen.
Dieser Gott hat schließlich alles gemacht. Das ganze Universum, Sie, mich. Er hat das nicht nur irgendwann mal begonnen und es sich dann sich selbst überlassen. Er hält alles am Laufen. Von ihm hängt alles ab. Er braucht nur mit seinen metaphysischen Fingern zu schnippen und es hat Sie nie gegeben. Nicht nur, dass Sie plötzlich weg sind. Sie haben nie existiert. Denn Gott steht auch über der Zeit. Schließlich hat er ja auch die Zeit geschaffen.

Gott ist alles. Und ich habe nur einen sehr extrem winzigen unscheinbaren minimalen Einblick in dieses „Alles“. Ich verstehe ja mich selbst kaum. Im Gegensatz zu Gott, der mich durch und durch kennt. Und dieser Gott, der alles ist, ist kein kühler, ferner, gleichgültiger Gott. Er ist das, was wir mit unserem begrenzten Verstand „Liebe“ nennen. Alles, was er gemacht hat, war „gut“. Und er will, dass es gut bleibt.
Deshalb kann ich mich diesem Gott anvertrauen. Diesem Gott, der alles gemacht hat und der alles gut haben will. Ich vertraue mich diesem Gott an, weil alles andere ziemlich blöd wäre. Weil alles andere scheitert. Wenn ich ausschließlich auf mich vertraue, oder auf andere Menschen, oder auf Macht, Wohlstand, Sicherheit, dann kann ich kurzfristig damit erfolgreich sein. Sogar bis ans Ende meines Lebens, sofern ich rechtzeitig genug sterbe, bevor der Zusammenbruch kommt. Denn der Zusammenbruch kommt zwangsläufig. Wenn ich auf anderes als Gott vertraue, dann kann ich Erfolg haben, reich werden, angesehen und beliebt sein. Aber glücklich werde ich nicht. Und – noch mehr: Ich mache niemanden glücklich.

Deshalb heißt „In Gott sein“: Gott entscheiden lassen, Gott machen lassen. Denn Gott ist der einzige, der wirklich Macht hat. Dem die Macht nicht von irgendjemandem gegeben wurde, der niemand braucht um mächtig zu sein. Der niemand braucht, weil er an keine Regeln, an keine Ursache und keine Wirkung gebunden ist und daher völlig frei ist in allem. Gott ist die reine, uneingeschränkte Macht. Und ich bin vollkommen abhängig von ihm, ich bin absolut machtlos. Darum ist es das einzig Sinnvolle, auf meine ohnehin nicht vorhandene Macht zu verzichten und mich ganz und gar Gottes Macht anzuvertrauen.

Das bedeutet aber nicht, dass ich mich aufgebe. Ich muss weiterhin selbst mein Leben leben. Ich darf und soll das sogar. Ich mache mir weiterhin selbständig Gedanken, ich entscheide weiterhin, ich lebe diese Entscheidungen, ich bleibe ich. Doch all das mache ich in dem Bewusstsein,  das ich nichts davon allein aus mir selbst vollbringen kann. Deshalb bringe ich alles, mein ganzes Leben (und das Leben aller Menschen, die ich wiederum beeinflusse) im Gebet vor Gott und sage immer wieder: „Mach mal, Boss!“ Und der Boss macht dann. Und ich mache mit.

Das ist Sinn-voll.

Selbst-Beherrschung

„Weiter, immer weiter“ hat ein Titan des Sports gesagt. Das ist das Mantra unserer Kultur. Es geht immer noch ein bisschen besser. Der Mensch kann alles erreichen, wenn er nur genügend will.

Das ist auch nicht ganz verkehrt. Der Mensch an sich hat schon erstaunlich viel in erstaunlich kurzer Zeit erreicht. Und auch Sie ganz persönlich können weiter kommen, immer weiter, wenn Sie sich nur entsprechend darum bemühen.

Aber das alles hat Grenzen. Irgendwo geht es nicht mehr weiter. Irgendwo gibt es einen Punkt, da sind Sie ganz und gar machtlos. Es gibt da nicht nur einen Punkt, es sind sehr viele Punkte, die aneinandergereiht eine massive Mauer ergeben. Hier ist mal eine (vermutlich unvollständige) Liste, was Sie alles nicht im Griff haben:

  • Die Tatsache dass Sie überhaupt leben
  • Ihre genetische Ausstattung
  • Die Tatsache, wer Ihnen diese genetische Ausstattung weitergegeben hat – also Ihre Eltern und Ihre ganzen Vorfahren
  • Die Prägung durch Ihr soziales Umfeld, durch Ihre Eltern, Ihre Familie, Ihr Dorf / Ihre Stadt, Ihr Land, die Zeit, in die Sie hineingeboren wurden
  • Das alles, was daraus resultiert: Ihr Charakter, Ihre Begabungen, Ihre Unfähigkeiten, Ihr Körper
  • Ihre Vorlieben und Abneigungen – die sind einfach da, und Sie können Sie nicht willentlich aus- und anschalten, höchstens verdrängen
  • Ihre Gedanken – die kommen einfach; Sie können nicht beschließen, jetzt absichtlich an etwas zu denken, denn in dem Moment dieses Entschlusses denken Sie ja schon daran
  • Ihr Erinnern und Vergessen
  • Alles was unbewusst in Ihnen abläuft, seelisch, geistig und körperlich
  • Einflüsse auf Ihr Leben durch andere, z.B. durch die Autofahrerin, die Sie vom Fahrrad runterfährt weil sie gerade auf ihr Handy schaut
  • Ihre Vergangenheit, mitsamt all den Erfahrungen, die Sie da gemacht haben
  • Krankheiten
  • Die Dauer Ihres Lebens

Das alles haben Sie nicht im Griff. Sie haben es sich nicht ausgesucht. Es ist einfach so. Sie können bei manchen Dingen in einem engen Rahmen etwas daran ändern. Sie können durch eine entsprechende Lebensweise versuchen, Krankheiten zu verhindern und Ihr Leben zu verlängern. Ob das aber zum Erfolg führt, das können Sie wiederum nicht beeinflussen. Sie können durch Ihr Verhalten versuchen, Unglücke aller Art zu vermeiden. Aber es kann Ihnen dann trotzdem etwas zustoßen. Sie können durch Bildung Ihre Intelligenz in geringem Maße steigern. Aber ob Sie überhaupt den Antrieb dazu haben: Das haben Sie nicht im Griff. Sie können die Prägung durch Ihre Eltern und Ihr frühes Umfeld geringfügig verändern – ganz davon los kommen Sie nie.

Was immer geht: Kaputt machen. Ihre Intelligenz auf null herunterzufahren ist leicht. Es braucht nur genügend Einsatz von Alkohol oder Drogen. Leben verlängern ist aufwendig und ungewiss. Leben vorzeitig beenden ist wesentlich einfacher. Vielleicht haben Menschen deshalb so eine Lust an der Zerstörung. Weil sie damit endlich Macht ausüben können.

„Weiter, immer weiter“ – bis man gegen die Mauer rennt. Was täglich hunderte Male geschieht. Und wir haben uns schon so an die Schrammen und Beulen gewöhnt, dass wir sie gar nicht mehr wahrnehmen und auch die Mauer ignorieren und meinen, wir könnten uns selbst beherrschen. Der Mensch ist schon ein putziges Wesen.